
“Ich will an meinen Bund denken zwischen mir und allem Lebendigen bei euch auf ewig, dass keine Sintflut mehr kommen wird, die alles Leben zerstört. Das ist das Zeichen des Bundes: Meinen Bogen habe ich gesetzt über den Wolken, und wenn ich Wetterwolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, dass ich ihn ansehe und an den ewigen Bund denke zwischen mir und euch und allem Fleisch, das auf Erden ist.“ (1. Mose 9, 15+12+16)
Immer wieder verdeutlicht mir dieser Bibeltext aus dem 1. Buch Mose, Kapitel 9, dass der Regenbogen kein harmloses Harmoniesymbol ist. Die Bibel beschreibt den Regenbogen als Zeichen des Friedens zwischen Gott und Mensch, nachdem alles Leben auf der Erde durch die Sintflut zerstört worden war. Allein Noah und seine Familie waren übrig geblieben – und ein Pärchen von jeder damals lebenden Tierart. Als bei einem Spaziergang im Urlaub am Meeresstrand plötzlich vor mir ein Regenbogen am Himmel erscheint, bin ich durch und durch berührt von seiner erhabenen Größe. Irdische und himmlische Welt sind plötzlich miteinander verbunden durch ein wunderschönes Farbspektrum. Ich spüre, wie bunt und überraschend das Leben sein kann, wie kostbar und einzigartig das vielfältige Leben auf unserem Planeten ist. Wie wunderbar, schön und vollkommen die Natur ist – wenn wir nicht wären. Dass es uns Menschen überhaupt gibt, entspringt der großen, überaus flüssigen Gnade des schöpferischen Geistes, den wir Gott nennen und der dafür sorgt, dass es nicht NICHTS gibt, sondern ETWAS. Dieser schöpferische Geist wird mir gegenwärtig in den Farben des Regenbogens, in seiner Form, die an einen abgesenkten, nicht mehr schussbereiten Bogen erinnert. Ja, auch gewaltbereit ist der schöpferische Geist, bevor er sich dazu entschließt, in Frieden mit sich selbst und anderen zu leben, weil das 1000mal besser ist, als das Geschaffene zu zerstören. Erbarmungsloser Kapitalismus in Reinform zerstört durch sein Verwertungsinteresse nicht nur die Natur, die wir und die Tiere und Pflanzen zum Leben brauchen, sondern auch jegliche menschliche Gemeinschaft. Übrig bleibt allein: „ICH und mein Konto“.
Der Regenbogen am Meer lässt mich innehalten: Alles Leben kommt aus dem Wasser, aus dem Meer. Wenn ich meine Hände aufmerksam betrachte, kann ich mit etwas Phantasie sogar noch die Schwimmhäute zwischen meinen Fingern erkennen. Alles Leben ist miteinander verwandt – und ich bin verwandt mit dem großen schöpferischen Geist. Nach der großen Flut schließt er Frieden, verzichtet auf Macht und Gewalt, ist bereit dazu, sich zu beschränken, damit alles um ihn herum leben und atmen kann. Unbezahlbar ist der Regenbogen.
So wird er zum Friedenszeichen zwischen Gott und seiner Erde, und ich fühle mich hineingenommen in einen kosmischen Frieden, der aufscheint noch im kleinsten Sandkorn an dem Meeresstrand zu meinen Füßen.
So warte ich auf Weihnachten – auf das Fest des Friedens, in dem von einem Friedefürst die Rede sein wird. Bis es soweit ist, kann ich mich jeden Tag selbst befragen:
„Was macht mich zufrieden?
Was brauche ich wirklich zum Leben?
Worauf kann ich verzichten?
Was lässt mich – in Frieden – einfach – sein?“

ADVENTSKALENDER C4F 2022 Heike Seidel-Hoffmann, evangelische Pfarrerin in Hessen. Motivation: Jesusliebe und Liebe zum Leben.
Ich in drei Worten: begeisterungsfähig – empfindsam – zugewandt.